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Dieses Thema hat 7 Antworten
und wurde 677 mal aufgerufen
 1.FC Köln
eisdealer Offline

Senior Mitglied


Beiträge: 429

17.03.2004 11:58
Bitte lesen: Bericht aus dem FC-Forum Antworten

http://www.fc-brett.de/fcforum/topic.asp?TOPIC_ID=30727

Autor Distel:
Besuch aus Niedersachsen

Am Wochenende war mein Freund Karsten zu Besuch. Karsten kommt aus Peine in Südniedersachsen und hat ein erfrischend unaufgeregtes Verhältnis zum Fußball. Besonders, wenn man ihn mit mir vergleicht.

Der Nachmittag war schnell verplant. Ein Fünfer Reissdorff von der Tanke besorgt, die Damen der Schöpfung samt Gepänz auf den Spielplatz, Glotze an: Fußball. Nicht dass er darum gebeten hätte, er ist – wie gesagt – fussballerisch gänzlich unbelastet. Aber wer uns am Wochenende besucht, noch dazu am Samstag, wird ehrlich gesagt auch nicht gefragt.

Wenn man mit jemandem ein FC-Spiel verfolgt, der so gar keinen Draht dazu hat, kann es mitunter zu ziemlich skurrilen Dialogen kommen. Noch dazu, wenn besagte Person bei Tageslicht selten genötigt wird, ein Bier nach dem anderen zu zischen. Schließlich muss das Fünfer ja leer werden, bevor die Bande vom Spielplatz zurück kommt.

Spielstand 3:0 für Bremen. Alles in allem kein richtig guter Start in den Nachmittag.

„Echt klasse, diese kleinen schmalen Gläser. Total lecker und schnell gezapft. Schmeckt mir sogar um diese Uhrzeit!“

„Ab wann trinkst Du denn sonst?“

„Na ja, abends halt. Tagsüber eigentlich eher selten. Eigentlich eher nie.“

„Heute tust Du’s aber. Und guck Dir das Spiel an, dann weißt Du warum ich häufiger tagsüber trinken muss.“ Soeben schlägt Matthias Scherz aus vollem Lauf über den Ball und muss behandelt werden. Ich schließe die Augen und denke an Reutlingen, Fürth und Mannheim. Ich öffne die Augen und sehe immer noch Werder Bremen.

„Die machen aber mächtig Stimmung, die Bremer! Kannst Du verstehen, was die da singen?“ Er summt mit, offenbar gefällt ihm die Melodie.

„Das ist der Veedels-Song, und das sind mit Sicherheit nicht die Bremer, die Du da hörst. Das sind unsere Leute.“

„Wie?? Sind da denn so viele Kölner?“

„Keine Ahnung. In der Regel sind es wohl so 1.500 – 2.000 ein paar mehr, ein paar weniger.“

„Und warum sind die bei diesem Spielstand so gut gelaunt?“ Er zapft sich noch ein Kölsch und sucht auf dem Bildschirm nach Erklärungen. Der Halbzeitpfiff könnte eine sein, jetzt fällt eine ganze Viertelstunde kein Tor gegen uns.

„Das ist keine gute Laune, sondern Verzweiflung. Und Stolz (Rülps). Wie auch immer, das Lied handelt von Treue zum eigenen Viertel, zur Stadt, zu den Menschen dieser Stadt. Das passt eigentlich immer, vor allem, wenn unsere Pappnasen sich wieder so einseifen lassen. Dann fangen wir gelegentlich an, zu singen (Rülps). Um unserer selbst willen, nicht wegen des Spiels...“. Irgendwo hatte ich das schon mal gehört...

„Das ist ja bemerkenswert. In Hannover war ich mal beim Eishockey, da sind sie nach dem ersten Drittel beim Spielstand von 1:4 einfach raus auf die Kirmes. Da hat niemand mehr gesungen. Da waren die Würstchenverkäufer unter sich.“

„Das war Eishockey, das war in Niedersachsen und das war vor allem nicht der FC. Die Anhängerschaft zum 1.FC Köln ist ein gewachsenes Leiden, es juckt wie eine Schuppenflechte und obwohl man die eigentlich in Ruhe lassen sollte, kratzt man trotzdem weiter dran rum. Also singen wir, das ist die Erklärung.“ Ich spiele mit dem Gedanken, einen klitzekleinen Whisky zu trinken, denn die zweite Halbzeit droht. Ich verschiebe das Projekt auf das nächste Gegentor.

Anpfiff zur zweiten Hälfte. Richtig besser wird es nicht, allerdings interessieren sich sowohl Bremer Spieler als auch Publikum mehr für den Spielstand in München, wo Rostock gerade in Führung gegangen ist.

„Das geht jetzt eine halbe Stunde so weiter, und dann fällt das vierte Tor. Ich geh’ pinkeln.“

Der Klodeckel ist gerade oben. „TOOOOR!!!“ Geschrei aus dem Wohnzimmer. Ich wusste es. Schwindel befällt mich. Im Lokus sehe ich das Wappen des Wuppertaler SV vor mir. Beginnender Wahnsinn. Klarer Fall. Wenigstens gibt es jetzt den klitzekleinen Whisky.

„Konntest Du mit dem Gebrüll nicht warten, bis ich fertig gepinkelt habe? Schlechte Nachrichten erreichen mich auch bei geschlossener Hose problemlos.“

„Wieso? War doch für Köln. Ich dachte, das freut Dich?“

Die Spielstandanzeige zeigt tatsächlich 3:1, das kann noch nicht mal Karsten falsch gesehen haben. Der Infokanal liefert jedoch schnell die Begründung. Eigentor. Warum bin ich nicht überrascht? Trotz allem, der klitzekleine Whisky ist fällig. Karsten kriegt auch einen. Jetzt wird’s ernst.

„Puuuh. Davon aber bitte nur den einen . Ich fang gleich an zu singen.“ Er summt vor sich hin. „Allez, allez, dadadi, dadada... jetzt geben die Bremer aber kontra! Soll mal einer sagen, die Norddeutschen hätten kein Temperament. Wenn ihr Team Unterstützung braucht, sind sie voll dabei!“

„Karsten? Gib den Whisky zurück. Hörst Du denn nicht, WAS sie singen? Nicht DADADI DADADA . Sie singen ERSTER FUSSBALL CLUB KÖLN. Damit unterstützen sie in meinen Augen eindeutig nicht Werder Bremen.“Schweigen. Ein tiefer Schluck. Noch einer. Wir schweigen ein wenig vor uns hin. Dann Karsten:

„Die singen das ununterbrochen. Jetzt schon fast fünfzehn Minuten.“

Ich antworte erst mal nicht. Da sehen wir gerade einen schwer beeindruckten Niedersachsen. Ich erlöse ihn schließlich:

„Man nennt es Endlosschlaufe. Es hat den schönen Effekt, dass es nicht unbemerkt bleibt, selbst wenn die Mikrofone umgedreht werden, wie in Leverkusen. Es kostet Kraft. Aber es macht Dampf. Es könnte sogar die Spieler erreichen (das ist natürlich eine Illusion, aber einem Nicht-Fußball-Fan kann man so was erzählen)“

„Ich finde das ziemlich geil. Ich meine, eine richtige Chance habt ihr doch nicht mehr-und trotzdem machen Eure Leute da ein Fass auf. Das hat etwas unbeugsames, das gefällt mir. Keine Schmerzen. So muss es sein.“ Karsten läuft Langstrecke im Gelände. Er weiß wovon er redet. Ich aber auch. Ich bin FC-Fan. Masochismus als Lebensprinzip.

Eine Stunde gespielt. Nummer 30 steht an der Außenlinie und schabt mit den Hufen.

„Pass auf Karsten, jetzt wechselt Koller die Wende ein. Alles wird gut. Lotte liest das Spiel. Jetzt bricht Bremen auseinander“. An meinem Sarkasmus habe ich lange geübt. 10 Minuten später wird er mir endgültig gedankt. Ich bin wieder nicht im Raum, als der Anschlusstreffer fällt. *A A* Blase. Mir fällt ein Faltblatt ein. Prostata-Vorsorge ab 35. Ich glaube, ich sollte mal darüber nachdenken. Ich stürme mit offener Hose ins Wohnzimmer zurück.

„Wer war’s??? Hast Du’s gesehen? Sag’ wer denn??!!“

Die Zeitlupe läuft. Ich sehe einen Mann mit hoher Stirn den Ball aus kurzer Distanz einköpfen. Das genügt mir.

„Scherz!!! Scherz!! Ich hab’s immer gesagt, es ist eine Frage der Zeit, dann trifft er wieder!“ Oder eine Frage der Liga. Wie auch immer – egal. 3:2. Wir leben noch.

„Der Reporter sagt, dass er Lottner heißt.“

„Wer?“

„Der Torschütze. Nicht Scherz. Lottner. Ehrlich, der Kapitän. Ich hab’s genau gesehen.“

„Lottner? Das kann nicht sein. Das war ein Kopfballtor und kein ruhender Ball. Lottner schießt keine Kopfballtore. Das ist bei dem genetisch nicht vorgesehen. Dazu muss man hoch springen und sich gegen Gegenspieler durchsetzen.“

„Nenn’ es wie Du willst. Es war Lottner.“ Wieder die Infotafel. Karsten hat recht. 72. Minute. 3:2. Lottner (30).

Unterdessen hört man im Weserstadion so gut wie alle Gesänge der Südtribüne in Müngersdorf. Karsten will jeden einzelnen erklärt bzw. übersetzt haben. „Mir sin kölsche Junge“ hat es ihm besonders angetan. Er versucht, mitzusingen. Jetzt hilft nur noch der Sturztrunk. Mir kräuseln sich die Fußnägel. Ein Niedersachse versucht sich auf Kölsch. Das muss man erlebt haben. Oder vielleicht besser nicht.

Das einzige Tor des FC, das ich an diesem Nachmittag in Echtzeit erlebe, wird nicht gegeben, dafür habe ich diesmal beim Torschützen recht. Als Voigt vom Platz fliegt, schwant mir schon, dass es sein wird wie immer, die Geschichte einer ganzen Saison. Erst hatten wir kein Glück, und dann kam auch noch Pech dazu. 3 Euro in die Phrasensau.

„Wieso muss der jetzt runter, der hat doch nichts gemacht, das war doch nur ein Rempler!!! Verdammt noch mal, dieser Schiri ist eine ********, eine elendige!!!“ Wir erleben einen völlig aufgelösten und echauffierten Niedersachsen, der (zugegebenermaßen auch alkoholbedingt) allmählich Anzeichen einer ernsten FC-Identifikation erkennen lässt. Besorgniserregend.

„Lass gut sein Karsten. Der Alex Voigt ist aus Ehrenfeld. Das ist ein Stadtteil von Köln. Das, was der dem Schiedsrichter beim nicht gegebenen Tor gesagt haben dürfte, hat wohl eigentlich schon gereicht. Das ist die gute alte Schule von Eintracht Köln. Blut und Ehre. Drei Ecken ein Elfer. Schiedsrichter stören da nur. Ohne Platzverweis hätte der heute nicht das Gefühl gehabt, bei der Arbeit gewesen zu sein.“

Schlusspfiff. Alles wie immer. Im Hintergrund „Allez, allez...“. Unglaubliche 45 Minuten lang am Stück. Nur gelegentlich unterbrochen von (noch lauterem) weiterem kölschen Liedgut. Wie ein Kaugummi unter den Schuhen der Bremer. Während das eigene Publikum sich der bunten Anzeigetafel hingibt, wird ihnen von einer Handvoll Unentwegter die Akustikschau gestohlen. Und der eigenen Mannschaft um ein Haar der Sieg. Hätte auch klappen können.

Sonntag Abend sind Karsten und seine Frau wieder nach Peine aufgebrochen. Den ganzen restlichen Samstag Abend und den größten Teil des Sonntags hat er mich mit allen möglichen Wissens- und Gewissensfragen rund um den FC gelöchert. Sonntag morgen mussten wir im „Kleinen Geißbock“ auf der Dürener ein Bier trinken gehen. Da ist seine Frau auf dem Weg zum Spielplatz vorbei gekommen, musste sie ihm direkt erzählen. Zum Geißbockheim haben wir es nicht mehr geschafft, aber dafür hat er die Hälfte meiner FC-Literatur in seinen Kofferraum gepackt. Für das Spiel in Hannover muss ich ihm Karten besorgen, aber bitte im FC-Block.

Ich kenne Karsten nur zu gut. Wenn der mit etwas so anfängt, dann zieht der das auch durch. Da ist er von einer unerbittlichen Konsequenz. Stellt sich die Frage: was habe ich nur getan?

Ich eigentlich nichts. Ich habe nur vor der Glotze gesessen und rumlamentiert. Aber vor der Glotze darf man das. Immerhin hatte ich ein Trikot an.

Diesen einen neuen FC-Fan haben die Leute gewonnen, die am Samstag nach 45. Minuten aufgestanden sind und gezeigt haben, dass es wesentlich mehr braucht als einen 0:3-Rückstand um sich geschlagen zu geben. Egal von wem und egal wo. Die einem Fußball-Ahnungslosen gezeigt haben, dass es eigentlich um viel mehr geht, als um das, was auf dem Platz passiert. Und dies in einer Art und Weise, dass der es nicht nur verstanden hat, sondern selbst Teil davon werden möchte.

Bei solchen Gelegenheiten erweist sich wieder: it’s more than a game. Eindrucksvoller kann man es nicht unter Beweis stellen.

In diesem Sinne, Hut ab und danke für einen neuen Fan.

Distel.
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Ciao Thomas eisdealer
MoBB Sektion Münsterland

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Pedro Offline

Senior Mitglied

Beiträge: 180

17.03.2004 14:21
#2 RE:Bitte lesen: Bericht aus dem FC-Forum Antworten

Herrlich, danke Eisdealer!

Gruss
Pedro

Zollstocker Offline

Extremes Senior Mitglied

Beiträge: 999

17.03.2004 16:11
#3 RE:Bitte lesen: Bericht aus dem FC-Forum Antworten

Der Bericht ist echt amüsant und man kann sich auch vorstellen, daß es so gelaufen ist. Von dem Dauersupport habe ich aber nichts mit bekommen. Im Gegenteil, nach dem 0:2 war Schweigen angesagt. Und das sich (FC) Fans gerne selbst beweihräuchern, ist auch nicht neu. Egal, vielleicht habe ich auch einfach nur zu weit vom Gästeblock weg gesessen und deshalb nur den Bremer Support gehört.

Schönen Gruß

Zolli - Initiator der 4 Mann La Ola Welle in Block 50
(hat das zufällig jemand gesehen?)**

eisdealer Offline

Senior Mitglied


Beiträge: 429

17.03.2004 16:40
#4 RE:Bitte lesen: Bericht aus dem FC-Forum Antworten

Na wer lesen kann ist klar im Vorteil... oder so Der Dauersupport war auf die zweite Hälfte bezogen... und den haben wir auch Durchgezogen, da bin ich selbspersönlicher Zeitzeuge ...

Allerdings hab ich mich auch schon mit Leuten im Bremer Forum unterhalten, von der Akkustik ist das da ganz schlecht... Die haben uns fast garnicht gehört, wobei wir die auch nicht gehört haben...

Ciao Thomas eisdealer
MoBB Sektion Münsterland

http://www.1-fc-koeln.de

Eifel Offline

Senior Mitglied


Beiträge: 248

17.03.2004 21:51
#5 RE:Bitte lesen: Bericht aus dem FC-Forum Antworten

seit wann nennt sich Werner Distel???? und seit wann postet er am grauen Brett??? *gggg*


Eifel

*esistgeileinMoBBzusein*

Rume ( Gast )
Beiträge: 76

17.03.2004 23:42
#6 RE:Bitte lesen: Bericht aus dem FC-Forum Antworten


Jepp, der Endlosgesang setzte erst in der zweiten Halbzeit ein, aber soweit ich mich erinnere sogar noch vor dem ersten FC-Treffer ......


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Optimismus hat einen Namen

eisdealer Offline

Senior Mitglied


Beiträge: 429

19.03.2004 08:21
#7 RE:Bitte lesen: Bericht aus dem FC-Forum Antworten

ich würde so sagen von einer kleinen Gruppe oben im unterrang kurz nach wiederanpfiff, bis immer mehr mitgemacht haben...

Ciao Thomas eisdealer
MoBB Sektion Münsterland

http://www.1-fc-koeln.de

Claudia Offline

Extremer Teilnehmer


Beiträge: 144

20.03.2004 06:36
#8 RE:Bitte lesen: Bericht aus dem FC-Forum Antworten

@ Eifel: Genau das hab ich auch gedacht. Er ist vielleicht sein Bruder

Echt klasse erzählt.

Grüße
Claudia

 Sprung  

 

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